DIE ZUKUNFT MITGESTALTEN

DIE ZUKUNFT MITGESTALTEN

VON CARMELA MELONE
(Veröffentlicht in THE GAZETTE Ausgabe 01 im November 2022)

Was haben Kunst und Technologie miteinander zu tun? So viel, dass das Auktionshaus Christie’s ein eigenes Investmentgeschäft für diese Themen gegründet hat. Wir sprachen mit Devang Thakkar, Global Head of Christie’s Ventures.

Im Juli dieses Jahres kündigte das renommierte Auktionshaus Christie’s die Gründung der neuen Tochtergesellschaft für Beteiligungen, Christie’s Ventures, an und stellte Devang Thakkar als deren Leiter vor. Thakkar, ehemaliger Softwareingenieur bei Microsoft, dann Vice President of Consumer Marketplace, Head of Auctions und Head of Product bei Artsy, und echter Kunstliebhaber, ist die perfekte Besetzung für diese Position, da das Ziel des neuen Venture-Bereichs darin besteht, in Technologie- und FinTech-Unternehmen im Frühstadium zu investieren. Wir haben mit Thakkar über seinen Wechsel von der Softwarebranche in die Kunstwelt, über den aktuellen Status und die Zukunft von NFT-Kunst und seine Ziele für Christie’s Ventures gesprochen.

Herr Thakkar, Sie haben Ihre Karriere als Softwareingenieur bei Microsoft begonnen. Wie genau sind Sie in der Kunstwelt gelandet?

Das ist eine gute Frage. Ich habe zwölf Jahre lang im Herzen von Microsoft gearbeitet, in der Zentrale in Seattle in Washington. Ich habe dort sogar meine Frau kennengelernt, die noch immer bei Microsoft arbeitet. Jedes Mal, wenn ich den Campus betrete, fühle ich diese Nostalgie, weil dort meine Karriere und auch mein Erwachsenenleben begonnen haben. Die Technologie war schon immer meine große Leidenschaft. Meine Mutter ist jedoch Malerin, sodass ich mit Kunst aufgewachsen bin – und die Kunst auch immer ein Teil meines Lebens war. In meinem Bewerbungsschreiben für die Business School stand, dass ich eines Tages ein Auktionshaus leiten werde – und das war vor 15 Jahren.

Im Jahr 2015 hörte ich dann zum ersten Mal von Artsy, einem Start-up an der Schnittstelle zwischen Kunst und Technologie, was mich sehr faszinierte. Daraufhin verließ ich Microsoft, um mich der Kunstwelt anzuschließen, und seitdem bin ich mittendrin: Ich durfte großartige Menschen kennenlernen – und schließlich hat mich meine Reise zu diesem neuen großen Abenteuer bei Christie’s geführt.

War es eine schwierige Entscheidung, den sicheren Hafen von Microsoft zu verlassen und zu einem Start-up zu wechseln?

Ja, ein bisschen. Ich erinnere mich, wie ich nach den Treffen mit Artsy mit meiner Lebensgefährtin in einem New Yorker Pub saß und sie mir sagte, dass sie mich noch nie so glücklich erlebt habe. Doch obwohl ich von dem Angebot, bei Artsy einzusteigen, sehr angetan war, fiel mir die Entscheidung nicht leicht. Microsoft war ein großartiger Arbeitgeber. Ich hatte einen sicheren Job, der mir damals als Immigrant aus Indien mein Arbeitsvisum einbrachte – und trat dann in ein Start-up ein, das schon am nächsten Tag untergehen konnte. Es war ein großes Risiko, aber ich denke, wenn man wirklich glaubt, dass man die Welt oder den Markt verändern kann, dann muss man es auch tun.

Was sind die größten Unterschiede zwischen der Arbeit in der Softwarebranche und der Arbeit in der Kunstwelt?

In der Tech-Welt wird man belohnt, wenn man Risiken eingeht: Man versucht etwas, man scheitert, man lernt dazu, und dann probiert man es erneut. In der Kunstwelt geht es weniger darum, Risiken einzugehen. Die Kunstwelt ist vielmehr ein Kalender mit vorhersehbaren Ereignissen. Wenn Sie dort innovativ sein wollen, müssen Sie also dafür sorgen, dass Sie Ihre Ideen zwischen den Auktionssaisons verfolgen.

Der zweite große Unterschied ist die Arbeitskultur. Bei Microsoft herrschte eine sehr wettbewerbsorientierte Kultur, in der derjenige gewann, der sich am lautesten zu Wort meldete. Man musste mit seinen Ideen immer präsent sein, und es ging permanent nur um die Bedürfnisse des Verbrauchers, während die Kunstwelt sehr stark von Beziehungen und Emotionen geprägt ist. Die Kaufentscheidungen dort sind sehr hochpreisig, und die Käufer müssen viele Jahre lang mit ihrer Entscheidung leben. Verglichen mit der ideengetriebenen Welt der Technologie ist es daher ein sehr emotionales Geschäft.

In Ihrer LinkedIn-Bio steht, dass Sie im Herzen jemand sind, der gerne Neues erschafft – bitte erzählen Sie uns, warum!

Es ist ein großartiges Gefühl, etwas aus dem Nichts zu erschaffen. Tatsächlich habe ich das Tool, das wir gerade verwenden – Microsoft Teams – in meinen letzten Tagen bei Microsoft entwickelt. Die Tatsache, dass wir es nun nutzen und dass es Menschen auf der ganzen Welt miteinander verbindet, ist eine große Freude und Genugtuung. Natürlich bringt das auch eine große Verantwortung mit sich, aber eine Zukunft aufzubauen, auf die sich die Menschen verlassen können, ist einfach aufregend.

Wie kommt es, dass Traditionshäuser wie Sotheby’s und Christie’s mit einer so langen Geschichte noch immer so anpassungsfähig sind, wenn es um neue Technologien geht?

Das Alter dieser Unternehmen beweist, dass sie sich schon immer an neue Technologien angepasst haben. Beide blicken auf eine lange Geschichte im Bereich Technologie zurück, und beide haben dank ihrer Größe viel Spielraum für Investitionen. Christie’s Ventures ist hierfür ein gutes Beispiel: Wir können unser Kapital einsetzen, um die nächste Technologiephase mitzugestalten.

Warum verkaufen NFT-Künstler ihre Kunst über Auktionshäuser und nicht in der NFT-Welt, obwohl diese doch so barrierefrei ist?  

Der Kundenkreis ist noch immer stark mit den Auktionshäusern verbunden. Christie’s blickt auf 250 Jahre zurück, in denen diese Beziehungen aufgebaut wurden – und sie sind noch heute von großer Bedeutung. Schlussendlich geht es um Vertrauen, insbesondere bei hochpreisigen Käufen. Natürlich kann man ein NFT für eine Million Dollar auch über die Blockchain kaufen – doch an wen wendest du dich, wenn etwas schiefgeht? Christie’s bringt mit seiner langjährigen Expertise bei der Authentifizierung von Verkäufern Vertrauen in das System.

Das Bieten ist der Haupttreiber der Preise für traditionelle Kunst. Ist das bei NFT-Kunst auch der Fall oder gibt es andere Faktoren, die den Preis beeinflussen?

Der Wettbewerb ist noch immer ein wichtiger Faktor. Bei der ersten Beeple-Versteigerung gab es in den letzten zehn Minuten eine enorme Bieteraktivität – so, wie wir das auch bei traditionellen Kunstauktionen beobachten. Ich glaube aber, dass das Engagement der Käufer über die sozialen Medien ein weiterer wichtiger Faktor ist, der übrigens die NFT-Auktionen von den traditionellen Kunstauktionen unterscheidet. Dies war sicherlich auch ein Grund für den großen Erfolg der Beeple-Auktion: Der Künstler postete tagtäglich seine Kunstwerke und erreichte damit ein großes Publikum, noch bevor er sein erstes Kunstwerk auf einer Auktion verkaufte.

Die Beeple-Auktion ist einer der Gründe für den großen Hype um die NFT-Kunst im Jahr 2021. In diesem Jahr ist der Verkauf von NFT-Kunst jedoch zurückgegangen. Was ist Ihre Meinung dazu?

2021 war durch die weltweiten Kapitalzuführungen viel Geld vorhanden, und das makroökonomische Klima war phänomenal. Zu Beginn dieses Jahres hat schließlich ein Umdenken darüber stattgefunden, wie dieses Kapital investiert werden soll. Dies gilt nicht nur für NFTs, sondern auch für Kryptowährungen und die globalen Aktienmärkte insgesamt. Insbesondere die Situation in Europa hat zu einem konservativeren Ansatz im Kapitaleinsatz geführt – und das, obwohl sich die NFT-Technologie weiterentwickelt hat. Ich denke aber, dass es heute ein umfassenderes Verständnis für diesen Markt gibt. Während letztes Jahr noch jeder dachte, dass der Kryptowährungsmarkt völlig losgelöst von all dem ist, was in der wirklichen Welt passiert, hat nun jeder erkannt, dass es sich doch um ein und dieselbe Welt handelt.

Ich denke auch, dass wir in den nächsten 24 Monaten – wenn sich die Inflation angepasst hat und die Rezessionssorgen aus dem System verschwunden sind – einen anderen Markt sehen werden. Wir beobachten derzeit eine große Aufregung auf dem Kryptowährungsmarkt um The Merge, der Ethereum nachhaltiger machen soll. Wir erwarten außerdem viele neue Ankündigungen, wie die von Starbucks, dass sie ihr Belohnungsprogramm auf das Web 3.0 umstellen werden.

Was raten Sie Kunstsammlern, die sich für NFTs interessieren, aber keinerlei Kenntnisse vom Markt, von seinen Besonderheiten und Risiken haben? Wo können sie anfangen, sich zu informieren?

Kaufen Sie nichts, mit dem Sie nicht auch gerne leben wollen. Alles, was für ein physisches Kunstwerk gilt, gilt auch für die NFT-Kunstwelt. Man kauft kein Kunstwerk, um es am nächsten Tag zu verkaufen. Du kaufst es, weil es dir gefällt – weil du möchtest, dass es dich die nächsten zehn, fünfzehn, zwanzig Jahre in deinem Alltag begleitet oder weil du es an die nächste Generation weitergeben möchtest.

Ich sage nicht, dass NFTs unbedingt an die nächste Generation weitergegeben werden. Doch wenn Sie sie nur kaufen, um eine Rendite zu erzielen, sollten Sie nur so viel kaufen, wie Sie auch bereit sind, zu verlieren. Es handelt sich immer noch um eine neue Technologie, die mit Risiken verbunden ist.

Zu Ihrer Frage, wo man anfangen soll, sich zu informieren: Es gibt eine Menge hervorragen-der Foren. Christie’s zum Beispiel veranstaltet jedes Jahr Art + Tech Summits, und letztes Jahr war NFT das Thema der Veranstaltung. Wir veröffentlichen die Aufzeichnungen dieser Konferenzen, weil man von den teilnehmenden Experten viel lernen kann.

Bildung scheint für Christie’s ein sehr wichtiger Pfeiler zu sein. Warum ist das so?

Bildung bringt den Typ Mensch zu uns, der wirklich am Sammeln oder an Investitionen in diesen Bereichen interessiert ist. Durch Bildungsangebote können wir Menschen beim Einstieg in das Web 3.0 helfen – ihnen die richtigen Werkzeuge an die Hand geben und beispielsweise erklären, wie sie die Math Wallet nutzen und einrichten können, was technisch komplexe Schritte erfordert und alles andere als intuitiv ist. Wir sind der Meinung, dass Christie’s eine Rolle dabei spielen muss, Menschen diesen Einstieg zu erleichtern. Es hilft uns aber auch dabei, unsere Kunden ins 21. Jahrhundert zu bringen.

Was waren die Gründe für den Aufbau von Christie’s Ventures?

Mit Christie’s Ventures haben wir uns einen Platz in der ersten Reihe gesichert, wenn es um neue Entwicklungen im Web 3.0 geht. Früher haben wir bei Christie’s auf die Entwicklung großartiger Produkte in der Technologiebranche gewartet, und diese dann einfach adaptiert. Letztes Jahr hat man Christie’s erstmals als Innovator anerkannt – die Gründer kamen auf uns zu und zeigten uns, woran sie gerade arbeiteten. Wir hatten zu diesem Zeitpunkt aber nicht das richtige Vehikel dafür – und das war der Grund, warum wir Ventures gegründet haben.

Es erlaubt uns, früh in den Dialog zu treten. Es erlaubt uns, die Entwicklung kommender Technologien mitzugestalten, anstatt nur auf sie zu warten. Einen solchen Zugang in den ersten Stunden zu haben ist großartig. Dadurch, dass wir die Technologien frühzeitig kennenlernen, können wir sie für den Kunstmarkt gestalten. Wir können den Gründern dabei helfen, die Bedürfnisse des Kunstmarktes zu verstehen und die Technologie dementsprechend zu entwickeln.

Ein Teil des Reichtums in der Welt ist auf die Tech-Branche zurückzuführen. Da diese Menschen auf lange Sicht unsere Kunden sein werden, möchte ich sicherstellen, dass wir schon in den ersten Tagen eine starke Beziehung zu ihnen aufbauen.

Wie wählen Sie die richtigen Unternehmen aus und wonach suchen Sie bei Menschen, in die Sie investieren möchten?

Eine ausgezeichnete Frage. Wir investieren in einem sehr frühen Stadium, entweder in der Seed- oder in der Series-A-Phase. Ob Gründer, CEO oder Mitbegründer, sie alle müssen zeigen, dass dies ihre große Leidenschaft ist und dass sie alles dafür tun würden, um daraus einen Erfolg zu machen. Natürlich ist eine Referenzliste von früheren Start-ups, die sie erfolgreich aufgebaut haben, oder von Dingen, die sie gebaut und erfolgreich auf den Markt gebracht haben, ebenso wichtig – aber ich möchte in erster Linie die Leidenschaft für das Geschäft sehen.

Außerdem tauschen wir uns oft mit unserem Netzwerk aus erfahrenen Risikokapitalgebern und anderen Marktexperten aus, um herauszufinden, wofür sie sich interessieren und warum. Aus diesen Gesprächen lernen wir viel. Wir stellen auch immer wieder fest, dass viele der starken Gründer bereits eigene Netzwerke aufgebaut haben. Sobald wir in ein Unternehmen investieren, achten wir darauf, ein Forum wie das Art + Tech Summit dafür zu nutzen, die Gründer der Unternehmen und ihre Netzwerke an einem Ort zusammenbringen, sodass wir durch den Netzwerkeffekt wiederum neue Gründer kennenlernen können.

Haben Sie eine Gesamtvision für den Kunstmarkt?

Der Kunstmarkt befindet sich im Moment an einem ganz besonderen Punkt. Wir alle haben unser Bedürfnis nach schönen Dingen in unserem Zuhause entdeckt. Schauen Sie sich Ihren Hintergrund an: Sie haben eine Wand mit Bildern hinter sich, die zu Ihrer Signatur geworden ist, seit Sie an Teams-Konferenzen teilnehmen. Vor der Pandemie haben wir uns keine Gedanken über das Gemälde an der Wand in unserem Arbeitszimmer oder über die schöne Couch gemacht, auf der wir freitagabends sitzen und ein Buch lesen. All diese Dinge hielten wir für selbstverständlich, als wir noch jeden Tag zur Arbeit pendelten und in dem Büro saßen, das uns zugewiesen wurde und das vielleicht sogar wie eine Cubicle aussah. Doch jetzt haben wir eine starke Sehnsucht nach Flexibilität. Zum Beispiel wollen wir drei Tage in der Woche von zu Hause aus arbeiten – oder unser Heimbüro dekorieren. Der Kunstmarkt spielt dabei eine ganz besondere Rolle. Die Menschen haben unabhängig von ihrem Budget angefangen, sich der Kunst zuzuwenden. Der Kunstmarkt ist an einem Punkt angekommen, an dem Menschen Kunst in ihrem Leben haben wollen – und zwar mehr als je zuvor. 

Der zweite Aspekt ist, dass Kunst heute online gekauft wird. Durch die Pandemie haben wir uns alle daran gewöhnt, Dinge online zu kaufen. Wir hatten keine andere Wahl – und ich glaube nicht, dass wir jemals wieder zurückgehen werden. Außerdem handelt es sich bei NFT nicht nur um eine neue Technologie, sondern auch um eine gute Übung für das Sammeln von Kunst. Meine Neffen, die 18 und 19 Jahre alt sind, könnten sich niemals einen 10.000-Dollar-Druck eines Banksy leisten, selbst wenn er ihnen gefallen würde. Aber ein NFT für 200 Dollar können sie ohne Weiteres erstehen und zu ihrer Sammlung hinzufügen. So etwas hat es in der Geschichte noch nicht gegeben.

Ich denke also, dass NFTs und Onlinekäufe ein perfektes Training für die kommende Generation an Sammlern sind, die dann auch weiter digitale und physische Objekte kaufen werden. Meiner Meinung nach befinden wir uns in einer sehr interessanten Zeit.

Ich frage mich die ganze Zeit: Physische Kunstwerke, wie wir sie kennen, können sichtbar an die Wand gehängt werden, um die Wohnung zu schmücken. Aber was ist mit NFTs? Wie kann man eine ähnliche Erfahrung mit digitaler Kunst machen?

Vor einiger Zeit hatte ich dieselben Gedanken, und dann habe ich mir die Kinder von heute angeschaut: Sie wissen bereits in jungen Jahren, wie man ein Handy in die Hand nimmt und damit umgeht. Für die Generation der Digital Natives sind daher nicht nur die Wände wichtig, sie haben auch andere Bildschirme, über deren Gestaltung sie nachdenken. Außerdem entwickelt sich die Displaytechnologie weiter, wie bei Samsung, die The Frame herstellen. Das ist das Fernsehgerät, das sowohl einen Fernsehmodus als auch einen Kunstmodus hat. Ich denke, das könnte eines Tages ein passender Bildschirm für NFT-Kunst werden. Da sich die Displaytechnologie weiterentwickelt, steht auch die Hardware in unserem Investitionsfokus, ebenso wie die Softwareprodukte, die die Art und Weise, wie wir Kunst konsumieren, beeinflussen.

Und was ist mit VR-Brillen und AR? Ist der Hype schon lange vorbei oder glauben Sie, dass sie noch Teil unseres täglichen Lebens sein werden?

Noch nicht. Ich denke, dass das VR-Versprechen vor vier bis fünf Jahren da war und es heute drei Einschränkungen gibt. Die erste ist die Hardware selbst: Man kann nicht viel Rechenleistung in ein so kleines Gerät packen. Viele AR-Brillen, die bis vor Kurzem noch erhältlich waren, setzen aber einen sehr leistungsstarken Computer voraus. Ich denke, dass in den nächsten fünf bis zehn Jahren die Rechenleistung stärker miniaturisiert werden und auch die zweite Einschränkung, nämlich die Bandbreite, gelöst sein wird.

Sobald also diese Einschränkungen weggefallen sind, ist es nur noch eine Frage der Zeit, wann AR ein Teil unseres Lebens sein wird – vorausgesetzt, die AR-Brillen bleiben so klein wie eine normale Brille. Sobald ich meine Brille damit ersetzen kann und ich die AR-Brille nicht jeden Tag aufladen und meinen Laptop mit mir herumtragen muss und die Bandbreite super-schnell ist – dann werde ich die AR-Brille nutzen.

Ist dies auch ein Bereich, den Christie’s Ventures im Auge hat?

Ja, sehr! Wie Sie sich sicher vorstellen können, habe ich im Moment sechs oder sieben dieser Brillen auf meinem Schreibtisch liegen. Ich lebe mit der Vision, dass ich eines Tages eine solche Brille aufsetze und mich damit in mein Büro bei Christie’s transformieren kann, ohne dass ich irgendwo hinfliegen muss. Ich könnte dann überall in der Welt sein und mit der Brille den Auktionssaal von Christie’s live besuchen. Und das ist die Zukunft, die in den nächsten fünf Jahren eintreten wird. Ich persönlich interessiere mich sehr für diese Technologie.

Sie haben sicherlich einen spannenden Arbeitsalltag – wie sieht denn aktuell die Start-up-Landschaft aus? Gibt es Hotspots, an denen die meisten Ideen entwickelt werden? Und wie viele Pitch Decks landen auf Ihrem Schreibtisch?

Spannend ist, dass wir im Zuge der Wiedereröffnung nach der Pandemie festgestellt haben, dass es nicht den einen Hotspot gibt – nicht die eine große Gegend, in der sich alle Tech-Start-ups befinden. Man muss nicht mehr nach Palo Alto oder ins Silicon Valley gehen. Es gibt eine Menge Start-ups in Berlin, deren Entwicklung wir verfolgen, und ebenso in London, Singapur und Hongkong. Tatsächlich bekomme ich nicht viel Schlaf, denn es geht um einen globalen Markt – und nicht nur um die Westküste der Vereinigten Staaten. Wir haben auch viele positive Reaktionen auf unsere Ankündigung erhalten. Unser Ziel ist es, jeden Monat 30 bis 40 Pitches zu evaluieren – wenn wir Schritt halten können. Es gibt keine feste Anzahl an Investitionen, die wir tätigen wollen. Wenn die Idee stimmig ist und wir das Gefühl haben, dass sie für Christie’s oder die Kunstwelt fruchtbar sein könnte, werden wir investieren. Wir sind auch noch dabei, die Grundprinzipien für die richtigen Investitionen festzulegen. Es gibt so viele Möglichkeiten! Wir wissen es zu schätzen, dass so viele mit uns zusammenarbeiten wollen.

Eine letzte Frage: Was macht ein wirklich gutes Pitch Deck aus?

Zunächst einmal ist alles im Bewerbungsprozess relevant: angefangen mit der E-Mail, die Sie vor dem Treffen schreiben. Der Schlüssel zum Erfolg ist, dass Sie Ihr Pitch so vorbereiten, dass andere Ihren Businessplan in 20 Minuten verstehen – es muss knackig sein. Das Pitch Deck muss nicht visuell ansprechend oder ausgefallen sein. Klar, prägnant und informativ muss es sein. Das Erstellen eines Pitch Decks ist sicherlich eine Kunst für sich, und ich habe in den letzten Monaten sehr schöne Exemplare gesehen. Tatsächlich haben wir einige hochinteressante Investitionen in der Pipeline!

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Über Devang Thakkar:

Devang Thakkar ist Global Head von Christie’s Ventures. Der Venture-Bereich des großen Auktionshauses wurde im Juli 2022 mit dem Ziel gegründet, in vielversprechende Technologien in den Bereichen Kunst und FinTech zu investieren. Zuvor war Thakkar Chief Product Officer bei better.com, dann Vice President of Consumer Marketplace, Head of Auctions und Head of Product bei Artsy und Softwareingenieur bei Microsoft, wo er unter anderem für die Entwicklung von Microsoft Teams verantwortlich war.

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Picture credit © Christie’s.


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